75 Jahre (1985)

Aus der Festschrift vom 75-Jahr Jubiläum

Im Jahr 1885 wurde in Bern der erste Samariterkurs in der Schweiz durchgeführt und im gleichen Jahr konnte der erste Samariterverein aus der Taufe gehoben werden. Weitere Kurse fanden dann in den grösseren Städten statt und im Jahre 1888 erfolgte  die Gründung des schweizerischen Samariterbundes.

Auch in Rapperswil hatte man ein offenes Ohr für die Worte des grossen Mannes Henry Dunant: “Den Verwundeten und Kranken wollen wir helfen”.

So beschloss der gemeinnützige Frauenverein Rapperswil-Jona im Jahre 1909 unter der Leitung von Herrn Dr. Imfeld und Schwester Helen Hager aus Luzern einen Krankenpflegekurs durchzuführen. An der Schlussfeier hier im Hotel Schwanen  mit 80 KursteilnehmerInnen  gab der Kursleiter der Hoffnung Ausdruck, dass das Samenkorn, das hier gesät wurde, auf guten Boden falle und keimen und gedeihen möge. Tatsächlich begannen die Früchte rasch zu reifen und am 20. Januar 1910 fand hier die Gründungsversammlung  des Samaritervereins Rapperswil-Jona statt. Als erster Vorstand amteten Frau Dr. Imfeld, Frl. Dr. Gwalter und Frau Helbling. Den Gründern verdanken wir die damalige mutige Tat, hatte doch der junge Verein in der wirtschaftlich schweren Zeit, in der  sich unser Land befand, hart zu kämpfen. Arbeitslosigkeit, Armut, Not und Elend herrschten überall. An der 2. Generalversammlung waren nur die Vorstandsmitglieder anwesend und beschlussunfähig verliess man den Ratskeller wieder. Im Jahre 1913  unter der Leitung der neuen Präsidentin Frl. Louise Schwarz, kam wieder Schwung und Freude in den Verein.

Im Jahr darauf, nach Kriegsausbruch, wurden unter der Leitung von Herrn Dr. Niklaus Gschwend, zwei Samariterkurse mit 100 und 175 Teilnehmern durchgeführt. In Rapperswil, Kempraten und Jona richtete man die ersten Samariterposten ein. Die Patienten  mussten oft nach erster Hilfeleistung per Ross und Wagen in die Spitäler Rüti und Uznach transportiert werden. Herr Dr. N. Gschwend hat oft schwerkranke Patienten und Wöchnerinnen im Krankenwagen der Stadt Rapperswil, nicht motorisiert, von einem  Pferd gezogen, in die Spitäler begleitet. Im Jahr 1918, als eine Grippe-Epidemie in unserem Land ausgebrochen war, wurde im Sekundarschulhaus ein Notspital eingerichtet. Tag und Nacht war der Einsatz unserer Samariterinnen zur Betreuung der vielen  Patienten nötig. Sammlungen und Hilfsaktionen für unsere Soldaten im Feld und für notleidende Völker mussten organisiert werden.

Im Jahr 1917 besuchten Frl. Lina Winiger und 1920 Frl. Wolfensberger einen Samariterlehrerkurs. In den darauffolgenden Jahren wurden zur realistischen Weiterbildung Feldübungen im oft unwegsamen Gelände, am Schindelberg, Mürtschenstock, im Klöntal,  am Etzel, im Wäggital und auf der Lützelau durchgeführt. Auf der Ufenau wurde die Landebewilligung verweigert. Offenbar hatte man damals noch Zeit und Kraft, um stundenlange Anmärsche zu bewältigen. Fast alle Jahre fanden, organisiert durch  den Samariterverband des Kantons Zürich, welchem wir angeschlossen sind, Samariterlandsgemeinden statt. Es war natürlich Ehrensache, dass der Verein vollzählig daran teilnahm.

Abwechslungsweise wurden die monatlichen Samariterübungen in Rapperswil und Jona abgehalten. Da die Uebungslokale für über 100 Mitglieder oft zu klein waren, wurde auf Initiative von Herrn Dr. Joseph Mächler im Jahr 1931 der Samariterverein  Jona gegründet. Während den Kriegsjahren 1939-1945 wurden etliche unserer Mitglieder in den Luftschutz und in die M.S.A. abberufen.

Mit der ÜBUNGSLOKALFRAGE hatte der Samariterverein seit seiner Gründung immer zu kämpfen. Man wechselte vom Schwanen zum Du Lac, Volksheim, Kath. Schulhaus, Postbaracke, Evang. Schulhaus, bis wir nun im Gewerbeschulhaus in verdankenswerterweise  einquartiert sind. Natürlich musste auch das Uebungs- und Sanitätsmaterial für den Katastrophenfall immer mitgezügelt werden. Der Traum von einem geeigneten Uebungslokal, vielleicht zusammen mit der Feuerwehr in einem neuen Feuerwehrhaus,  ist immer noch nicht erfüllt.

Die AUSBILDUNGSMETHODEN haben im Verlaufe der Jahre und neuen Erkenntnissen geändert. Bis Ende der 50er Jahre wurde nach den Richtlinien des Sanitätslehrbuches der Schweizerarmee instruiert. Es folgte dann die Ausbildung mit Schriften an der Moltonwand  und seit der Einführung des Obligatorium zum Besuch eines Nothelferkurses für Autofahrschüler 1973 wurden die Lektionen Lebensrettende Sofortmassnahmen: Lagerung, Beatmung, Blutstillung, Schockbehandlung und Massnahmen bei Verkehrs-unfällen  mit Tonfilmen illustriert und seit 1982 mit einer Tonbildschau veranschaulicht. All diese Neuerungen, auch die Puppen zur Instruktionen der Beatmung, haben den Samaritervereinen etliche Kosten verursacht.

Das POSTENSTEHEN bei Sport- und Festanlässen ist für einen aktiven Samariter die interessanteste und lehrreichste Tätigkeit. An solchen Gelegenheiten fehlt es in Rapperswil natürlich nicht. Um bei Sportanlässen im Freien die Verletzten  fachgerecht behandeln und betreuen zu können, hat der Verein ein Sanitätszelt angeschafft. Es ist das zweite, das erste wurde anlässlich eines Festes mutwillig beschädigt. Alljährlich werden bei solchen Veranstaltungen 300 – 400 Hilfeleistungsrapporte  abgegeben. Vielleicht geht auch hier einmal der Wunsch nach einem eigenen Sanitätswagen in Erfüllung.

Die BLUTSPENDEAKTIONEN, welche für das schweizerische Rote Kreuz seit 1958 organisiert werden, sind für den Samariterverein eine dankbare, aber auch aufwendige Arbeit. Es müssen jedesmal ca. 40 Samariterinnen und Samariter aufgeboten werden,  um einen raschen und reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Anfänglich bis 1971 fand diese Aktion einmal und ab 1972 zweimal jährlich statt. Im Jahre 1980 konnten wir den 5000sten Spender ehren und bis 1984 waren es bereits 7793. Somit konnten  aus Rapperswil 3317 Liter des kostbaren Saftes, der so vielen Menschen das Leben rettet, nach Bern abgeliefert werden. Einen herzlichen Dank möchten wir der Verwaltung des Technikums für die Benützung der Räume zur Durchführung dieser Aktion  aussprechen.

Dem KURS- UND AUSBILDUNGSWESEN wurde in Rapperswil immer grosse Beachtung geschenkt. Seit 1910 wurde mindestens alle zwei Jahre ein Samariterkurs durchgeführt. Insgesamt fanden 61 Samariter-, Samariterlehrer-, Krankenpflege- und Säuglingspflege-Kurse  statt. Seit 1959 fanden die Kameradenhilfskurse reges Interesse, wurden doch 80 solcher Kurse mit fast 1000 Teilnehmern abgehalten. Seit der Einführung des Obligatoriums zum Besuch eines Nothelferkurses für Autofahrschüler im Jahre 1973 fanden,  mit einer kleinen Zahl von freiwilligen Besuchern, 52 Kurse mit 1781 Teilnehmern statt. Für die Funktionäre, die Samariterlehrer und Materialverwalter gibt die Durchführung dieser Kurse, nebst den 12 Monatsübungen, ein volles Mass an Arbeit.

In den 1380 Samaritervereinen der Schweiz wurden seit der Einführung dieser Kurse über eine Million Nothelfer ausgebildet.

Nebst der Hilfe am Mitmenschen sind es die vielen schönen Erlebnisse, Stunden der Kameradschaft während und nach den Übungen, der jährlichen Vereinsausflug, welche den Kitt bilden, der den Verein mit seinen 80 Mitgliedern zusammenhält.  Dass der Verein von der Bevölkerung geschätzt wird, beweisen die 800 treuen Passivmitglieder, welche unseren Verein finanziell unterstützen.

Mit Freude wollen wir in die Zukunft blicken, wenn es auch nie an Arbeit und Aufgaben fehlen wird. Wir hoffen aber, dass es immer Idealisten geben möge, die zum Wohle unserer Mitmenschen bereit sind, nach dem Sinnbild des biblischen Samariters zu  helfen und die Idee unseres grossen Vorbildes Henry Dunant weiter zu tragen.

Franz Wespe